Stoewer-Automobile sind heute leider nur noch Experten bekannt, obwohl die Firma aus Stettin zwischen 1899 und 1945 einige der modernsten Automobile ihrer Zeit gebaut hat. Classic-Gala Schwetzingen 2018 erinnert gemeinsam mit dem deutschen Stoewer-Museum mit einer Sonderschau von 15 einmaligen Stoewern an diese besondere Marke.
Gründung Stettiner Eisenwerk 1896
Aus dem schon 1896 gegründeten Stettiner Eisenwerk von Bernhard Stoewer und der Fabrik für Motorfahrzeuge, die auch einige wenige Motorräder herstellte, gingen 1916 die Stoewer-Werke AG hervor. Nach drei Versuchswagen mit einem und zwei Zylindern im Jahre 1899/1900 kam 1901 der erste Stoewer mit 10 PS, den man auch kaufen konnte. Sechs Kunden entschieden sich für dieses Automobil, drei für den Stoewer mit 20 PS von 1903 und ebenfalls drei Käufer fand der 40 PS von 1905. Erst mit dem 1906 vorgestellten P2 mit 2,3-Liter 2-Zylinder kam es zu 40 Exemplaren einer Serienproduktion. Die reiche Kundschaft hatte damals zu viel Auswahl…
Volksmobil ab 1908
Stoewer reagierte ab 1908 mit dem Volksautomobil G4, der als kleiner 4-Zylinder mit 1555ccm und 16 PS deutlich alltagstauglicher als die Konkurrenz war und prompt fand der G4 stolze 1.070 Käufer, die die Marke so bekannt machten, dass sich auch die größeren Stoewer-Modelle besser verkaufen ließen. 1910 folgte dem G4 das Nachfolgemodell LT4 mit verschiedenen Karosserievarianten. Es folgten die Typen B1 und B2/B6, die auch das Militär auf die Marke aufmerksam machten, sodass ab 1914 rund 60 große Stoewer B4 beim Deutschen Heer im Einsatz waren.
C-Modelle ab 1913
Mit den C-Modellen setzte man den Einsatz des 1,5-Liter 4-Zylinders mit nun 18 PS ab 1913 fort und es entstanden rund 800 Exemplare dieses leichten und zuverlässigen Wagens, dem man den ausgestellten C2 mit 2,4-Liter Motor und 28 PS zur Seite stellte. Nach dem ersten Krieg meldete sich Stoewer ab 1920 mit den D-Modellen D3 (4-Zylinder), D5 (6-Zylinder), D6 (6-Zyl., 5 Liter), D7, D9 und D10 zurück, wobei im D7 ein elf Liter großer 6-Zylinder mit 120 PS arbeitete, der als Flugmotor entwickelt worden war und ihn zum stärksten deutschen Auto seiner Zeit machte.
Der wichtigste nach dem 1. Weltkrieg gebaute Typ ist der D3 gewesen. Er wurde rund 2.000 mal gebaut und war bis zum Erscheinen der Fronttriebler 1931 der erfolgreichste Stoewer-Wagen.
Leider sind diese Stoewer Automobile fast alle verschwunden, doch zum Glück hat einer der rund 800 Stoewer D9 mit 2,3-Liter 4-Zylindermotor und 32 PS im Carl-Benz-Museum in Ladenburg überlebt.
Baureihe F ab 1927
Die Baureihe F gab es nur 1927 und 1928, weil dann der 8-Zylinder Typ S8 erschien, aus dem wiederum der fast 800 Mal gebaute 2,5-Liter S10 entstand, der aus dem PS-Speicher in Einbeck nach Schwetzingen gebracht wird. Es folgten weitere, größere 8 Zylinder Modelle. Während die Marke nach außen hin immer luxuriöser wurde, arbeitete man im Werk insgeheim an der Sensation der Berliner Autoausstellung 1931 – dem ersten Serienwagen mit Frontantrieb und 4-Zylinder V-Motor, der als V5 vorgestellt wurde und auch bei Sportfahrern mit dem V5S großen Anklang fand.
Nach etwa 2.100 verkauften V5 präsentierte Stoewer schon 1932 den R140, ebenfalls mit Frontantrieb, aber mit 1,4/1,5-Liter Reihen-Vierzylinder. Der Greif als Wappentier der Pommern war bereits seit 1928 das Markenzeichen und die Kühlerfigur der Firma Stoewer. Man verwendete ihn als Typenbezeichnung zunächst für den neuen Greif V8, bis 1935 der neue Wagen Greif-Junior (ab 1937 Greif luftgekühlt) folgte. Dies war der einzige deutsche PKW mit luftgekühlten Front-Motor Ende der 30er Jahre. Der Wagen basierte auf einer Lizenz der Firma Tatra für Chassis und Motor. Bis zum Einstellungsbefehl 1939 wurden mehr als 4000 Wagen gebaut. Damit war er der erfolgreichste Wagen von Stoewer.
Luxus Arkona mit 6-Zylindern
Nach dem Greif kamen 1937 die beiden Typen Sedina mit 4-Zylindern und 2,4-Litern und dem nach der Landspitze auf Rügen benannten Arkona mit 6-Zylindern und 3.6 Litern Hubraum, der eindeutig auf den kleinen Horch 930, aber auch Audi 225, den Opel Admiral und die mittleren Mercedes-Typen zielte. Nach nur 210 Exemplaren musste die Produktion am 1.9.1939 mit Beginn des 2. Weltkriegs, obwohl der Arkona technisch viel fortschrittlicher war, eingestellt werden.
Einstellung der Produktion und Demontage 1945
Leider wurden die Stoewer-Werke in Stettin nach Kriegsende komplett demontiert, an eine Auferstehung der traditionsreichen Marke war nach 1945 folglich nicht mehr zu denken. Mit ca. 41.000 gebauten Wagen in 49 Jahren ging es mit den Stoewer-Werken zu Ende. Heute erhalten die weltweit noch überlebenden ca. 260 Stoewer Wagen den Namen in Ehren.
Classic Gala Schwetzingen 2018
In Schwetzingen sieht man Meilensteine der Stoewer-Geschichte, den einzigen C2, das einzige Greif Cabriolet als zweitüriger Viersitzer, den großen Arkona als offenen Phaeton und sogar einen Kübelwagen mit Allrad-Lenkung und vier angetriebenen Rädern. Sie stehen nach Baujahren und Typen sortiert auf der Terrasse am Eingang des Schlossparks und erinnern daran, dass es bis 1945 noch eine weitere deutsche Automarke gab, die besonders fortschrittliche Qualitätsautomobile baute.
Zum Glück gibt es in Wald-Michelbach im Odenwald das deutsche Stoewer-Museum, in dem Manfried Bauer die gesamte Firmengeschichte von der Nähmaschine über Fahrrad und Motorrad bis zum Automobil und den Flugmotoren übersichtlich und nahezu vollständig zusammengetragen hat. Dieses Museum ist mehr als einen Besuch wert, denn es vermittelt auch einen hautnahen Einblick in die wichtigen Gründerjahre der Automobilgeschichte. Das Museum ist von März bis Dezember immer am 1. Sonntag eines Monats von 14 – 17 Uhr geöffnet. Gruppen sind jederzeit nach Absprache willkommen.